Auf das Video dieser Woche stieß ich bei Not Safe For Work. Eine absolute Hörempfehlung würde ich für einen meiner liebsten Podcasts an dieser Stelle aussprechen, wenn ich nicht wüsste, dass ihr sowieso alle schon zuhört…Das Video „Nerd vs. Geek“ stammt aus der Reihe „Epic Rap Battles“, die noch so manch anderes Schmuckstück beherbergt.
Aber damit noch nicht genug. Diesmal gibt es sogar eine theoretische Unterfütterung zu dem Video. Denn die Dame schuldete mir noch einen Text. Die Bedingung für ihr Geschreibsel war, sie muss sich einen Thema aus meiner Evernote-Liste mit Themen-Ideen aussuchen und mal eben locker aus der Hüfte dazu etwas aufs virtuelle Papier bringen.
Ich hatte übrigens eine ganz andere Textidee zum Begriff des Nerds: Ich wollte meinen subjektiven Eindruck festhalten, dass der Begriff nach seiner Bedeutungswandlung von „uncool“ zu „cool“ wieder auf dem besten Weg zurück zu „uncool“ ist, einfach weil er jetzt mainstream ist und alles und jeder sich Nerd nennt. Aber was die Dame daraus gemacht hat, lesen Sie hier, liebe Leser:
Was ist ein Nerd?
von Paula Hesse
Leider kann ich nicht recherchieren, was die Wikipedia dazu sagt, denn mein PC ist so langsam – speziell wenn es darum geht, den Browser zu öffnen –, dass ich regelmäßig Wutanfälle bekomme, wenn ich das Internet nutze. Und daran ist schon zu erkennen: Ich bin wahrscheinlich kein Nerd. Kriterien 1 und 2 für einen Nerd:
- Er nutzt das Internet.
- Sein PC ist dem Nerd so wichtig, dass er mindestens so viel daran tüfteln würde, dass er gut und schnell läuft.
Was ist der Nerd noch? Früher in der Schule immer der mit dem Lederschulranzen, der, der keine Freunde hat und nur ganz leise spricht. Der, der schlecht in Sport und ein Ass in Mathe ist. Das ist sicherlich immer noch so, doch heute ist der Nerd noch mehr: Er ist in Mode gekommen. Und das bezieht sich tatsächlich auch auf die Kleider- und Stylingfrage. Heute trägt man Hornbrillen und brave Bübchen-Frisuren, Lederranzen (wahlweise Jutebeutel) und Strickjacken. Hier zeigt sich ein Paradoxon: Unbeliebt-sein kann nicht in Mode sein, denn trendy ist beliebt. Oder nicht? Wie sieht es denn jetzt in der Schule aus? Sind jetzt die schmächtigen Schlauköpfe die Helden? Und was machen die sportlichen, lauten, lässigen Jungs? Sind die jetzt einsam?
Selbstverständlich gibt es auch weibliche Nerds. Sie sind sicherlich äquivalent zu den männlichen Nerds. Ich weiß nur nicht, ob sie einen anderen Namen haben. Wären das dann Nerdinnen? Oder female nerds? Weil ich die Antwort auf die Frage nicht kenne (bestimmt findet ihr sie in der Wikipedia), habe ich oben nur die männliche Form angewandt. Bitte beachten: Das ist nur Grammatik, keine Weltanschauung.
Übrigens hat der Blick ins Wörterbuch keine Erkenntnis gebracht. Nerd ist das englische Wort für „erzreaktionär“. Was auch immer das sein mag, ich kann mich damit nicht identifizieren. Eher mit dem, was wir unter einem Nerd sehen. Denn es ist nicht nur der Technik-Freak, sondern jemand, der sich auf ein Wissensgebiet spezialisiert hat, und zwar aus reiner Freude. Vorzugsweise auf eines, das sonst niemanden interessiert, da es dem praktischen Leben und dem Drang nach Fortpflanzung nicht nützlich ist. Zum Beispiel also Mathematik oder Fantasy oder die Konstruktion von Nebelmaschinen. Da ist es schon wieder: Nerd-sein schließt sexy-sein aus. Wie also kommt dieses Paradoxon von „nerdy ist trendy“ zustande? Wahrscheinlich ganz einfach deshalb, weil der Trend, die Mode nur an der Oberfläche kratzen. In ist, was der Nerd auf dem Kopf hat und nicht, was er in seinem Kopf hat.
Der Nerd kommt also aus dem Dilemma, per se nicht sexy zu sein können, nicht heraus. Aber immerhin muss er nicht einsam sein, denn Nerds können sich durchaus zu Freundschaften entschließen. Wenn eine Basis für Freundschaft gleiche Interessen oder gleiche Erfahrungen ist, dann kann diese auch von Nerds geteilt werden. Das Interesse für das nicht vital Wichtige allgemein oder das Interesse für die gleiche Sache oder die leidvolle Erfahrung, nicht gemocht und gehänselt zu werden, können durchaus verbindend wirken. Nerds treffen sich an Schulen, an Universitäten oder auf Star-Trek-Conventions. In der Serie „The Big Bang Theory“ wohnen sie sogar – teilweise – zusammen. Durch diese Serie habe ich den Begriff „Nerd“ kennen gelernt. Hier erleben wir, wie eine Gruppe von vier männlichen Nerds – später u. a. ergänzt durch einen weiblichen Nerd – lebt, wofür sie sich interessiert und wie sie versucht, in der „vitalen“ Welt Fuß zu fassen.
Die US-amerikanische Serie erfreut sich großer Beliebtheit. Die Fans lassen sich in zwei Gruppen teilen: Die einen erkennen sich wieder und lachen mit den Charakteren, die anderen lachen über sie. Die Nerds dieser Welt genießen jedenfalls mehr Aufmerksamkeit denn je und haben dadurch größeres Selbstbewusstsein erlangt. Vielleicht sind sie dadurch trendy geworden. Trends verfliegen bekanntlich nach einer gewissen Zeit. Aber Namen bleiben, und den zumindest haben die Nerds jetzt bekommen.